Giacomo Puccini
Suor Angelica Opera lirica in un atto Gianni Schicchi Opera comica in un atto Libretti: Giovacchino Forzano
Giuseppe Verdi
La Traviata Melodramma in tre atti Libretto: Francesco Maria Piave nach Alexandre Dumas fils

amore e morte

„Die Musik, die selbst das Grässlichste niemals ganz ohne Schönheit darstellen
kann, durchdringt idealisierend alle Poren selbst der Verwesung und löst die entsetzliche
Wirklichkeit des Dramas in einen schwermütigen Traum.“

Eduard Hanslick über Verdis „La Traviata“


Für die Erarbeitung des Inszenierungskonzepts war es von entscheidender Bedeutung, die verschiedenen Bezugsebenen des „Traviata“-Stoffes differenziert zu betrachten: die Realität, den Roman, das Schauspiel, das Libretto und dessen musikalische Umsetzung.
Verdis „La Traviata“ sollte ursprünglich den Titel „amore e morte“ tragen, doch die venezianische Zensur bestand aufgrund der Anzüglichkeit des Sujets auf einer Änderung. „La Traviata“ bezeichnet wörtlich „die vom (rechten) Weg Abgekommene“. Im 19. Jahrhundert ließ sich dies einfacher als heute deuten: Gemeint war ein Mensch, der auf seinem Lebensweg vom Glauben an Gott abgefallen war.
Der „Traviata“-Stoff zeichnet die reale Geschichte einer neun Monate dauernden Liebesbeziehung des Schriftstellers Alexandre Dumas fils mit der Maitresse Marie Duplessis nach. Diese starb am 3. Februar 1847, ein Jahr nach Beendigung der Beziehung. Dumas fertigte 1848, ein Jahr nach dem Ableben der Duplessis, seinen Roman „La Dame aux camélias“. Ereignis und literarische Verarbeitung liegen ebenso dicht beieinander wie das Ende der Liebesbieziehung zur Kurtisane und deren Tod. Dumas teilte das Schicksal seines Romanhelden Armand Duval (der die Vorlage für den Alfredo der Oper darstellt): Auch er kommt zu spät, um die Geliebte lebend wiederzusehen. Dumas mußte miterleben, wie der Besitz der Toten von raffgierigen Freiern ersteigert wurde und selbst ihre Haare einen hohen Preis erzielten. Im Roman schreibt er darüber:
„Schallendes Lachen ertönte. Dazu schrien die Auktionatoren aus vollem Halse. Die Händler, welche Bänke unmittelbar vor den Versteigerungstischen mit Beschlag belegt hatten, verlangten vergebens Ruhe, um ihre Geschäfte ungestört abzuwickeln. [-] Es waren ehrenwerte Männer, die die Verschwendung dieser Frau ausgenutzt, ihr Centime um Centime abgenommen, sie noch in ihren letzten Lebenstagen mit Zahlungsaufforderungen verfolgt hatten und nun nach ihrem Tode den Ertrag ihrer ehrhaften Spekulation zu den schandbaren Zinsen ihrer Kredite noch hinzugewannen.“
Die Wiederbegegnung der Liebenden vollzieht sich im Roman durch eine Exhumierung der Verstorbenen. Im Stile des ,Melodramma romantico’ wird diese Exhumierung folgendermaßen beschrieben: „Es war ein entsetzlicher Anblick, und es ist entsetzlich, ihn zu schildern. Anstelle der Augen gab es nur noch zwei Löcher, ihre Lippen waren gänzlich verschwunden, und die weißen Zähne waren zusammengebissen. Die langen schwarzen Haare klebten welk an den Schläfen und verschleierten ein weinig die grünen Höhlungen der Wangen, und dennoch erkannte ich in diesem Gesicht das weiße, rosige und fröhliche Angesicht wieder, das ich so oft gesehen hatte.“ Dieser Ästhetik einer Schauerszene setzt Verdi in seinem Opernstoff eine apotheotische Erhebung der Protagonistin entegegen. Währenden im Roman - bildlich gesprochen - in der Erde gegraben wird, weist Verdis Oper gen Himmel.

amore e morale
Mit derselben sezierenden Genauigkeit, mit der die Exhumierung beschrieben wird, legt Dumas die finanziellen Lebensverhältnisse der Kurtisane und ihrer Verehrer offen dar. So lässt sich nachvollziehen, daß der an der Spitze dieser Gesellschaft stehende Comte de Stackelberg ein Salair von 500.000 Francs im Jahr erhält. Nicht weniger als 60.000 Francs davon gehen an die Maitresse. Baron Douphol verdient dagegen 200.000 Francs im Jahr und gibt immerhin 12.000 Francs für die Maitresse aus, während Armand lediglich ein monatliches Einkommen von 1000 Francs bezieht, in der sogar der Ertrag durch die Verpachtung des Hauses seiner verstorbenen Mutter enthalten ist. Sein gesamtes Jahresgehalt entspricht den jährlichen Maitressenausgaben des Baron Douphol. Der monatliche Bedarf der Maitresse, der im Roman mit ca. 6.000 bis 7000 Francs angegeben wird, verschlingt also bereits die Hälfte seines Jahreseinkommens. Damit ist Armands Dilemma sofort erkennbar.
Auch wenn sich Maitresse des Romans, Marie Gautier, ihm ohne Bezahlung hingibt die Situation bleibt für ihn aussichtslos. Für den Traum vom gemeinsamen Leben auf dem Land möchte Armand das Haus seiner Mutter verkaufen. Der Vater erfährt über den Verkauf durch den Notar von der Liaison. (Erst an diesem Punkt setzt Verdi in der Handlung der Oper fort.) Das Glücksspiel bleibt somit Armands [Alfredos] einziges Mittel, weitere Verdienste zu erzielen. Dumas spiegelt in seinem Roman also eine Gesellschaft wider, die sehr stark auf Geld bzw. die Zirkulation von Vermögen fixert ist. Das literarisch Zeittypische daran verdeutlicht eine Aussage Balzacs, der meinte, wenn auf den ersten zehn Seiten eines Romans nicht von Geld die Rede sei, werde gelogen.
Dumas erfand und prägte für diese Gesellschaft den Begriff der „Demi-Monde“, der Halbwelt. Dabei handelt es sich um ein Phänomen der Pariser Gesellschaft des 19. Jahrunderts, das nach der Auflösung der gesellschaftlichen Ordnungen durch die französische Revolution einerseits, sowie durch die Auflösung des Wertesystems aufgrund der in Frankreich herrschenden diskontinuierlichen politischen Verhältnisse (von der Revolution über das Kaiserreich bis zur Dritten Republik) andererseits, enstanden war. Die Höhe des Bankkontos definierte den gesellschaftlichen Status inherhalb der Demi-Monde.
Aus dem Roman erstellte Dumas 1850 eine Schauspielfassung, die 1852 am Théâtre Vaudeville uraufgeführt wurde. Verdi sah diese Schauspielfassung und entschloss sich in kürzester Zeit, daraus eine Oper zu schreiben. Im März 1853 wurde „La Traviata“ im Teatro La Fenice in Venedig uraufgeführt. Die wesentlichen Unterschiede zwischen Roman und Schauspiel auf der einen und der Oper auf der anderen Seite bestehen in einer argumentativen Schwerpunktverschiebung innerhalb der Kernszene, der Begegnung von Vater Germont und Violetta, sowie in einer mystifizierenden Verwandlung des Stoffes.
Während im Schauspiel das Hauptargument für die Abkehr Violettas von Alfred die Darstellung der Natur des Mannes ist, fokussieren Verdi und sein Librettisi Francesco Maria Piave die Opferung der Frau: Violetta Valéry opfert sich, um das Schicksal von Alfredos Schwester zu retten. „Die vom Weg Abgekommene“ will dem Leben eines rechtschaffenen Mädchens nicht im Weg stehen. Dabei ist Violettas Verständnis mehr als Mitleid. Sie ermöglicht einer wohlgeborenen Tochter, die als unschuldiger Engel mystifiziert wird, ein Leben in Wohlergehen und erreicht damit selbst ihre eigene Mystifikation im Tod. Noch in der Sterbeszene insistiert Violetta: „Wenn eine reine Jungfrau in der Blüte ihrer Jahre dir ihr Herz schenkt, so sei sie deine Braut. Ich will es. Gib ihr dieses Bild [von mir] und sag ihr, daß es ein Geschenk ist, von der, die im Himmel mit den Engeln für sie betet und für dich.“
Ein Jahr nachdem Verdi die „Mariannisierung“ der „gefallenen Frau“, also die Verwandlung der Prostituierten (der „Hure“) in eine „Heilige“, in seiner Oper vorantrieb, verkündete Papst Pius IX. seiner Bulle „Ineffabilis Deus“ („Der unbegreifliche Gott“) das Dogma von der unbefleckten Empfängnis Marias, wodurch die Kirche den Dualismus von Mutterschaft und Wollust kanonisierte, wie Norbert Abels herausstellte. In „La Traviata“ wird die Bedeutung des Geldes am Schluss durch die „Reinheit der gefallenen Frau“ überblendet. Soziales Drama und apotheotische Erhebung finden hier zu einer kathartischen Symbiose.

amor fati
Nicht nur Tod und Verklärung bestimmen den Schluss der Oper. Der Fakt, daß Violetta selbstbestimmt ihrem Schicksal entgegen geht, gibt dem Ende der Oper eine neue Kraft: Liebe dein Schicksal. „In me rinasce...“, singt sie; ihre eigene Kraft kehrt mit dem Tod zurück. „Die vom Weg Abgekommene“ geht ihren selbst gewählten Weg. Dieser aktiv erlebte Tod steht wie ein starkes Licht im Raum und stellt das Siechtum der Krankheit in den Schatten. Hier geht eine Liebende, die selbstbewußt alles gegeben hat, auch wenn ihr dafür im Gegenzug alles genommen wurde. Ganz nebenbei verpfändet sie ihre Kutsche, mit der sie zum regelmäßigen Stelldichein in den ,Bois de Boulogne’ fuhr, gibt ihr altes Leben, ihre Ehre, ihr Geld und opfert sich für das Leben der Schwester Alfreds. Der aber kommt zu spät.

© Sabine Bergk / Axel Kresin

Wilfried Hiller
Das Traumfresserchen Ein Singspiel in 7 Bildern und 6 Zwischenspielen Text von Michael Ende Aufführung anläßlich des 70. Geburtstages von W. Hiller

»Ein Triumph traumhafter Bilder inszeniert von Axel Kresin.
Unbedingt hören und sehen!«

Gioacchino Rossini
L' Italiana in Algeri Dramma giocoso in due atti Libretto: Angelo Anelli nach einer Inszenierung von Jean Pierre Ponnelle

»Es ist wieder spannend, in die Kölner Oper zu gehen.
Das war ein unglaubliches Bravo-Rufen.«

Viktor Ullmann / Ernst Krenek
Der zerbrochene Krug Oper mit Vorspiel in einem Akt nach Heinrich von Kleist Der Diktator Tragische Oper in einem Akt (zwei Bildern), Text von Ernst Krenek

»Ein grotesker Totentanz von burlesker Grausamkeit. Ein fantastischer Abend,
der mit Ovationen überschüttet wurde.«

Darius Milhaud / Bohuslav Martinů
Le pauvre matelot Complainte en trois actes, Text von Jean Cocteau Larmes de couteau Opéra en une acte, Text von Georges Ribemont-Dessaignes Deutsche Erstaufführung in Originalsprache L'abandon d'Ariane Opéra-minute en cinq scènes, Text von Henri Etienne Hoppenot

»Mitreißender und abenteuerlicher kann Theater nicht sein.
Wagnerscher Ovationsjubel.«

Gioacchino Rossini
Il barbiere di Siviglia Commedia in due atti Libretto: Cesare Sterbini nach Pierre-Auguste Caron de Beaumarchais

»Fabelhafte Produktion. Axel Kresins spritzige Inszenierung spielt das Stück in frappant einfacher, dennoch geistreicher Weise auf der Klaviatur aktueller Befindlichkeit.«

Eckhard Henscheid
Finissage zum 60.Geburtstag Lesung mit szenisch-musikalischen Einlagen nach einer Idee von Axel Kresin

»Diese Veranstaltung leistete auf den Punkt genau das, was eigentlich
Sinn und Zweck des gesamten Unternehmens war.«

Attilio Ariosti
La fede ne' tradimenti Melodramma in tre atti Libretto: Girolamo Gigli anläßlich der 300.Wiederkehr der Krönung des ersten Königs in Preußen

»Ariostis Barockoper hatte in der ehemaligen Freien Volksbühne in Berlin
umjubelte Premiere.«

Wolfgang Rihm
Jakob Lenz Kammeroper Text von Michael Fröhling frei nach Georg Büchner

»Die Regiearbeit von Axel Kresin ist ein solches herausragendes,
den Glauben an das Theater erneuerndes Ereignis.«

Sergei Prokofjew
Peter gegen den Wolf Eine musikalische Erzählung für Kinder Bearbeitung von Justin Locke Europäische Erstaufführung

»Mit einfachen Mittel zaubert die Inszenierung eine Märchenwelt auf die Bühne.«